H2-International Journal – Interview mit Thomas Korn, Geschäftsführer von water stuff & sun

Suche nach dem idealen Wasserstoffspeicher
Interview mit Thomas Korn, CEO von water stuff & sun

Das Startup-Unternehmen water stuff & sun hat eine neuartige Technologie entwickelt, die eine sichere und einfache Möglichkeit zur Speicherung von Wasserstoff bieten soll. Die Schlüsselkomponente der Lösung ist das Mikroventilsystem. Ein Druckregler steuert die Freisetzung des Wasserstoffs stufenweise von 1.000 bar bis hinunter zu wenigen bar. H2-international sprach mit Thomas Korn, Geschäftsführer von water stuff & sun, über die Funktionsweise und die Herausforderungen, die damit verbunden sind.

H2-international: Herr Korn, die Speicherung und Betankung von Wasserstoff ist ein schwieriges Thema. Wie lösen Sie dieses Problem?

Korn: Gegenwärtig ist die Speicherung von Wasserstoff in herkömmlichen Druckgasbehältern komplex und teuer. Es besteht ein Zielkonflikt zwischen Leistung, Sicherheit und Kosten. Wir haben eine überraschende Lösung für dieses Problem: Anstatt eine kleine Anzahl großer zylindrischer Tanks zu verwenden, können wir mit unserer Technologie die gleiche Menge Wasserstoff in mehreren kugelförmigen Kohlefaserbehältern von der Größe eines Tennisballs speichern. Das Silizium-Mikroventilsystem, das in jede unter Druck stehende Kugel eingebaut ist, bedeutet, dass alle Behälter identisch und im Einklang funktionieren, genau wie ein großer Tank. Der Aufwand für die Sicherheit von Wasserstoffspeichern lässt sich erheblich verringern, wenn die Energie auf mehrere kleine Behälter aufgeteilt wird. Dadurch sparen wir fast die Hälfte des Kohlefasermaterials im Vergleich zu einem normalen Drucktank ein. Wir nennen diese kugelförmigen Hochdruck-Speicherbehälter Sfeers.

Mit ihnen lassen sich Wasserstoffzellen beliebig skalieren und in beliebig geformte Wasserstoffbatterien integrieren. So kann grüner Wasserstoff in einer Vielzahl von mobilen und stationären Anwendungen wie Lastwagen, Drohnen und Flugzeugen eingesetzt werden. Die nächste Generation dieser Energiespeicher wird 95 Prozent leichter und bis zu 30 Mal billiger als Lithium-Ionen-Batterien sein – bei gleicher Energiemenge.


Fig. 2: 
Doing the rounds: a Sfeer ball at the EES trade fair in Munich

Wie funktioniert die Wasserstoffbatterie?

Wasserstoffbatterien sind Niederdruck-Wasserstofftanks mit Sfeers, die mit bis zu 1.000 bar befüllt werden. Die Wasserstoffbatterie-Gehäuse sind für niedrige Drücke ausgelegt und können daher perfekt an die verfügbaren Bauräume in einer Vielzahl von Mobilitätsprodukten angepasst werden. Bei der Entnahme von Wasserstoff sinkt der Druck im Wasserstoffbatteriegehäuse und aktiviert bei Unterschreiten eines mechanisch programmierten Umgebungsdruckbereichs das Mikroventilsystem in allen Sfeers. Diese geben dann Wasserstoff frei und liefern so die für einen Wasserstoffmotor oder eine Brennstoffzelle erforderliche Energie.

Der Druck in der Wasserstoffbatterie steigt wieder über das Druckaktivierungsniveau, das bei der Herstellung der mikromechanischen Komponenten eingestellt wird. Sobald das Druckniveau erreicht ist, schließen sich alle Mikroventile. Der Druck in der Batterie bleibt konstant oder sinkt weiter, wenn der Verbraucher mehr Wasserstoff entnimmt. Der Aktivierungsdruck wird auf den Versorgungsdruck des Verbrauchers eingestellt. Die Wasserstoffbatterie kann man sich wie einen Niederdrucktank vorstellen, der jedoch die Kapazität eines Hochdrucktanks hat.

Das Konzept erhöht das Sicherheitsniveau und reduziert gleichzeitig den Materialeinsatz. Da sie durch ihre sehr anpassungsfähige Form den verfügbaren Raum optimal ausnutzen können, übertreffen Wasserstoffbatterien die herkömmlichen Drucktanks in Bezug auf die volumetrische und gravimetrische Leistungsdichte.

Die Technologie der Mikroventile hat ihren Ursprung in der Satellitentechnik. Wie wird diese Technologie hergestellt?

Satelliten verfügen über ein Gasantriebssystem, das ihre Position innerhalb des Kommunikationsfensters sicherstellt. Schon früh begannen industrielle Entwickler aufgrund des finanziellen Drucks, immer kleinere und leichtere Satelliten zu bauen, die Mikrosystemtechnik zur Gasregulierung einzusetzen. Im Mittelpunkt unserer Innovation steht die Entwicklung von mikromechanischen Schaltelementen, die für ihre Steuerung keine elektrische Energie benötigen, sondern passiv vom Umgebungsdruck gesteuert werden. Wie in der Halbleitertechnik kommen hochindustrialisierte Fertigungsverfahren zum Einsatz, die Tausende von identischen Teilen auf großen Siliziumwafern herstellen können. Ventile, Gaskanäle und der fünfstufige Druckregler werden in vier Siliziumschichten hergestellt und verbunden. Alle Chip-Bauteile werden auf einer Fläche von 4 x 4 x 2,5 Millimetern (0,16 x 0,16 x 0,1 Zoll) eingebaut.

Wie sind Sie auf die Idee mit den kugelförmigen Hochdruckbehältern gekommen?

Die Technologie wurde von Prof. Lars Stenmark erfunden, der im Ångström-Labor der Universität Uppsala Mikrosystemtechnik lehrte und der bereits frühere Erfindungen in der Luft- und Raumfahrtindustrie angewendet hatte. Als er mir von seiner Erfindung zur Wasserstoffspeicherung erzählte, war ich sofort Feuer und Flamme. Ein physikalischer Wasserstoffspeicher, der zwei bestehende Technologien kombiniert und den Zielkonflikt zwischen Sicherheit, Kosten und Leistung bei Wasserstofftanks löst – da konnten wir nicht widerstehen und gründeten im Januar 2017 das Unternehmen water stuff & sun.


Fig. 3: 
A view of the lab shows the test setup for microchip evaluation

Gibt es bereits einen Prototyp?

Wir haben bereits Prototypen von Schaltventilen und dem Schlüsselelement des Ventilsystems – dem Druckregler – hergestellt und im Reinraum des Ångström-Labors in Uppsala getestet. Außerdem haben wir einen Prototyp des Sfeer aus Kohlefaser einem Bersttest unterzogen und unser Simulationsmodell mit den Ergebnissen validiert. Zurzeit bauen wir den ersten Systemprototyp einer Wasserstoffbatterie mit drei Sfeer-Zellen. Der Prototyp und sein Einsatz in einer Mikromobilitätsanwendung werden in der ersten Hälfte des Jahres 2024 die Technologiereife-Stufe 5 erreichen. Dann werden wir mit mehreren Herstellern Wasserstoffbatterien für konkrete Mobilitätsprodukte entwickeln und in der nächsten Stufe industrialisieren. Das Interesse der Industrie ist groß. So haben wir beispielsweise bereits ein gemeinsames Förderprojekt mit einem Flugzeughersteller und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt eingereicht. Mit unserem Partner Keyou arbeiten wir an der Entwicklung von Wasserstoffbatterien für die Um- und Nachrüstung von Lkw und Bussen. Außerdem ist es uns gelungen, das Interesse eines Bergbaumaschinenherstellers und eines LKW-OEM zu wecken.

Zurück zum Betankungsprozess: Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie vorhaben, die Tanks auszutauschen?

Wasserstoffbatterien müssen nicht im Fahrzeug aufgetankt werden, sondern werden an Wechselstationen ausgetauscht oder können bei kleinen Anwendungen auch von Hand ausgetauscht werden. So kann die Betankung schnell und kostengünstig erfolgen. Die leeren Wasserstoffbatterien werden an zentralen Verdichterstationen nachgefüllt und zu den Wechselstationen zurückgebracht. Der niedrige Betriebsdruck und die begrenzte H2-Menge im Gehäuse der Wasserstoffbatterie machen diese einfache Handhabung möglich. Im Vergleich zu herkömmlichen Hochdruck- oder Flüssigwasserstofftankstellen wird der Aufwand und die Komplexität deutlich reduziert, was wiederum die Investitions- und Betriebskosten und damit auch den Wasserstoffpreis senkt. Bei schweren Nutzfahrzeugen müssen beispielsweise mit Wasserstoff mehrere hundert Liter Brennstoffenergieäquivalent komprimiert, gekühlt und transferiert werden. Durch einfaches Austauschen der Wasserstoffbatterie kann dieser Vorgang in wenigen Minuten erledigt werden.

Der Finanzierungsbedarf wird erheblich sein. Was sind die nächsten Schritte für Ihr Unternehmen?

Der Kapitalbedarf in einem Tech-Startup ist immer ein Thema – es ist ein kontinuierlicher Prozess. Wir haben gerade eine neue Finanzierungsrunde gestartet, an der sich unsere bisherigen Investitionspartner wie die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, kurz ES Kapital, die Firma Besto der Unternehmerfamilien Beyer und Stoll sowie die Maschinen- und Werkzeugfabrik Nagel bereits beteiligt haben. Ich würde sie als relativ bodenständige, regionale Investoren bezeichnen, die sich schon früh engagiert haben. Geplant ist, das neue Geld unter anderem in die Entwicklung eines Prototyps im bereits erwähnten Anwendungsbereich Antriebstechnik zu investieren. Die Rohstoffe für die Herstellung von Halbleiterchips sind alle erschwinglich. Kohlefaser und Silizium sind auf dem Markt leicht erhältlich. Das ist ein Vorteil im Hinblick auf die weitere Skalierung. Wenn alles nach Plan läuft, werden wir bis 2025 die ersten unserer Batterien in einem Fahrzeug oder Flugzeug sehen.


Fig. 4: 
The H2 battery should be quick and easy to swap in and out of a truck

Wann und wie wird sich der Markt für Ihre Lösung weiterentwickeln?

Die Transformation der Energiesysteme ist in vollem Gange. Die Infrastruktur für erdgas- und ölbasierte Kraftstoffe wird durch Wasserstoff und flüssige Wasserstoffderivate wie Ammoniak, Methanol oder synthetische Kraftstoffe ersetzt. Der Wettbewerb um die Technologieführerschaft und letztlich um die Energieführerschaft hat längst begonnen. In China und den USA werden inzwischen viele Milliarden Euro in Wasserstofftechnologien und deren Infrastruktur investiert, wir Europäer versuchen, mit dem Green Deal zu kontern. Überall sprießen Wasserstoffprojekte aus dem Boden. Für uns hat der Markt bereits begonnen, wir schließen derzeit Kooperationsverträge mit ersten Fahrzeug- und Maschinenherstellern ab.

Wo wird der erste Markt sein, der sich entwickeln kann?

Wir müssen mehrgleisig fahren und haben deshalb auch die USA und den arabischen Raum im Blick. Das Land, das durch Investitionen die niedrigsten Wasserstoffpreise erzielt, wird viele Unternehmen und Investitionen anziehen. In der EU und in Deutschland hoffe ich, dass wir mit der Treibhausgasquote ein wettbewerbsfähiges Instrument haben.

Sie haben einen Preis bei den World CleanTech StartUPs Awards, auch bekannt als WCSA 2023, gewonnen. Was hat die Jury besonders beeindruckt?

Erstens ist der Preis als Plattform an sich schon ein sehr interessantes Netzwerk. Die Bewerbungen für den WCSA 2023 wurden von ACWA Power in strategischer Partnerschaft mit Dii Desert Energy und dem französischen Institut für Solarenergie CEA-INES ausgeschrieben, unter anderem. Die Jury erkannte das transformative Potenzial der Wasserstoffbatterie. Die Innovation könnte eine effiziente und flexible Infrastruktur für H2 schaffen. Die Stromkosten für die Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Energien sind in Dubai sehr niedrig. Deshalb hat uns die ACWA Ende 2023 erneut eingeladen, unsere Lösung vor Ort zu präsentieren. Das wird sehr spannend werden.

Im November haben wir bei den Global EnergyTech Awards zwei Auszeichnungen erhalten: den Preis für die beste CleanTech-Lösung für Energie und einen Sonderpreis für den besten Stand Out Performer. Wir waren die einzigen Gewinner aus Deutschland. Das hilft.

Interviewer: Niels Hendrik Petersen


Fig. 5: 
Thomas Korn

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